„Es ist meine tiefe Überzeugung, dass Mozart der höchste, der kulminierende Punkt ist, den die Schönheit in der Sphäre der Musik erreicht hat.” Tschaikowsky verehrte Mozarts Musik zutiefst. Damit war er nicht allein. Seit Jahrhunderten haben Komponisten seinen Schatten auf sich herabfallen sehen, entweder als Quelle der Inspiration oder als Quelle der Angst. „Vor Mozart”, schrieb Charles Gounod, „verwandelt sich aller Ehrgeiz in Verzweiflung”.

Wolgang Amadeus Mozart
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Wolfgang Amadeus Mozart ist – zusammen mit Ludwig van Beethoven – der wohl bekannteste Komponist. Er und Beethoven wetteifern in unserer Jahresstatistik stets um den ersten Platz als meistgespielter Konzertkomponist (und in den Opernhäusern übertrifft sein Schaffen Beethovens einzige Oper Fidelio). Seine Musik ist sofort wiedererkennbar und fließt mit einer solchen Leichtigkeit und Perfektion. Auch sein kurzes, turbulentes Leben – vor allem in Peter Shaffers Theaterstück Amadeus dramatisiert – hat die Öffentlichkeit in seinen Bann gezogen.

Wie soll man aus über 600 Werken eine Top Ten auswählen? Eine unmögliche Aufgabe. Ich habe mich für persönliche Favoriten entschieden, die dem Neuling in der klassischen Musik einen überzeugenden Beweis dafür liefern könnten, warum Mozart für viele Hörer und Komponisten immer noch die Nummer 1 ist. Wie Rossini schon gesagt hat: „Beethoven nehme ich zweimal in der Woche, Haydn viermal, aber Mozart jeden Tag!”

1Symphonie Nr. 41 C-Dur, „Jupiter”

Als Mozart diese Symphonie im Sommer 1788 komponierte, konnte er nicht ahnen, dass es seine letzte sein würde. Sie trägt den Beinamen Jupiter und ist ein bemerkenswertes Werk, insbesondere das Finale, das Mozarts Genialität unter Beweis stellt. Die Melodie basiert auf einem vierstimmigen Motiv, das auf mittelalterliche Klagelieder zurückgeht. Das Motiv dürfte den ersten Zuhörern der Symphonie durch sein Erscheinen als Übung in Fux' Gradus ad Parnassum bekannt gewesen sein.

Mozart verwebt mehrere disparate Themen miteinander, mal im Kanon, mal in der Fuge, mal in Umkehrung. In der brillanten Coda des Satzes wird das Motiv mit vier anderen Themen gleichzeitig überlagert. Es ist unglaublich raffiniert, aber bei Mozart klingt es so einfach. Verfolgen Sie die Partitur im zweiten Video, in dem Martin Gonzalez die einzelnen Motive farblich gekennzeichnet hat – die Coda ist eine Explosion der Farben!

Farbcodierte Partitur für das Finale:

2Klavierkonzert Nr. 20 d-Moll

Nur zwei von Mozarts 27 Klavierkonzerten stehen in einer Moll-Tonart, aber das d-Moll-Konzert mit seinem grüblerischen Anfang, der die Ouvertüre zu Don Giovanni vorwegzunehmen scheint, ist eins meiner Lieblingsstücke. Beethoven bewunderte es und nahm es in sein Konzertrepertoire auf (die Kadenz des ersten Satzes wird heute regelmäßig von Pianisten gewählt). Gewitterwolken unterbrechen die Ruhe der zentralen Romanze, und im Rondo-Finale herrscht ein unruhiger Ton, bevor am Ende Jubel ausbricht. 

3Klarinettenkonzert A-Dur

Als (ehemaliger) Klarinettist stand das Klarinettenkonzert von Mozart immer ganz oben auf meiner Liste. Mozarts Freundschaft mit Anton Stadler und die daraus entstandenen Meisterwerke (das Klarinettenquintett hätte hier ebenfalls auftauchen können) ebneten den Weg für die steigende Popularität des Instruments. „Niemals hätte ich gedacht, dass eine Klarinette in der Lage sein könnte, die menschliche Stimme so zu imitieren, wie sie von Ihnen imitiert wurde”, schrieb Mozart 1785 an Stadler. Das Konzert, das wenige Monate vor Mozarts frühem Tod für Bassettklarinette komponiert wurde, ist überwältigend. Die Ecksätze sind beschwingt und sonnig, und das Adagio ist eine der schönsten Melodien, die Mozart je komponiert hat. 

4Le nozze di Figaro

Mozarts erste Zusammenarbeit mit dem Librettisten Lorenzo da Ponte wird oft als die perfekte Oper bezeichnet. Ich bin nicht ganz so überzeugt vom vierten Akt, wo sich die Folge von Arien der Nebenrollen manchmal in die Länge zieht, aber der Rest der Oper ist grandios. Und revolutionär. Die Oper, die auf einem Theaterstück von Beaumarchais aus dem Jahr 1778 basiert, stellt den Adel als, ähm, weniger edel dar und zeigt, wie die Dienerschaft die Oberhand über ihre Herren gewinnt – ein aufrührerischer Stoff. Mozarts Finale des zweiten Akts ist großartig konstruiert, wobei immer mehr Charaktere hinzukommen, während sich die Szene vom Duett zum Septett entwickelt. 

5Requiem d-Moll

Die Umstände der Komposition von Mozarts Requiem, das zum Zeitpunkt seines Todes unvollendet war, sind von Mythen und Geheimnissen umwoben. Ein Großteil der Verwirrung rührt von Mozarts Frau Constanze her, die behauptete, Mozart habe das Requiem für seine eigene Beerdigung komponiert, als er an einer Vergiftung starb. Tatsächlich wurde es anonym von einem Grafen in Auftrag gegeben, der es wahrscheinlich als sein eigenes Werk ausgeben wollte, aber Constanze musste die Tatsache vertuschen, dass ein anderer Komponist, Franz Xaver Süssmayr, das Werk nach Mozarts Tod vollendet hatte. Wenn man dann noch Peter Shaffers Stück Amadeus hinzunimmt, in dem der Komponist Antonio Salieri verdächtigt wird, seinen Rivalen vergiftet zu haben, wird das Rätsel des Werks noch größer. Shaffers Szene, in der der sterbende Mozart Salieri die Partitur der Confutatis diktiert, ist wunderbar:

Die Confutatis in voller Länge:

6Don Giovanni

Mozart und Da Ponte ließen ihrem Figaro-Erfolg einen weiteren Skandal folgen – den lüsternen Schürzenjäger Don Giovanni, dessen Untaten entlarvt werden und der zur Strafe von der Statue des Mannes, den er in der Eröffnungsszene ermordet hat, in die Hölle hinabgezogen wird. Es ist möglich, dass ein anderer berüchtigter Schürzenjäger am Libretto mitgewirkt hat: Giacomo Casanova. Die Oper enthält zahlreiche berühmte Melodien, von Don Giovannis Serenade mit Mandolinenbegleitung bis hin zu seiner versuchten Verführung von Zerlina, „La ci darem la mano”. Auffallend sind Mozarts Kompositionen für das Orchester, insbesondere die Verwendung von drei Posaunen für die imposante d-Moll-Ouvertüre und die Szenen mit dem Commendatore.

7Serenade Nr. 10 B-Dur für Bläser, „Gran Partita”

Während Don Giovanni zu Abend isst, hört er Harmoniemusik – ein Bläserensemble, das zur Unterhaltung spielt. Mozart komponierte mehrere solcher Werke, von denen das berühmteste den seltsam falsch geschriebenen Namen Gran Partita erhalten hat, eine Serenade für 12 Bläser und Kontrabass. Es ist ein beachtliches Werk, 45 Minuten lang und besteht aus sieben Sätzen, von denen der berühmteste (vor allem durch Peter Shaffers Salieri in Amadeus) das transzendente Adagio ist, in dem die melodische Linie über einer sanft pulsierenden Basslinie von der Oboe über die Klarinette zum Bassetthorn übergeht. 

8Sinfonia Concertante für Violine und Viola Es-Dur

Mozart komponierte fünf jugendliche Violinkonzerte, aber sein schönstes Werk für Violine ist die Sinfonia Concertante für Violine und Viola, eine göttliche Paarung von Instrumenten. Es entstand, nachdem er nach Paris und Mannheim gereist war, wo Konzerte für mehrere Instrumente gerade in Mode waren. Mozart, der selbst Bratsche spielte, lässt sie nie in den Schatten treten, sondern nutzt das gefühlvolle obere Register und die düsteren Tiefen des Instruments. 

9Streichquintett C-Dur

Auch hier lässt sich der Bratschist Mozart erkennen. In den sechs Streichquintetten fügt er der traditionellen Streichquartett-Besetzung eine zweite Bratsche hinzu. (Franz Schubert komponierte, inspiriert von diesem Werk, sein eigenes Streichquintett C-Dur, fügte aber stattdessen ein zweites Cello hinzu.) Der erste Satz ist lang, mit auffälligen harmonischen Wechseln nach c-Moll, d-Moll, F-Dur und Des-Dur, kehrt aber immer wieder in die Ausgangstonart zurück. Der langsame Satz, der an dritter Stelle steht, ist lyrisch und zart, bevor er in ein ausgelassenes Rondo-Finale mündet, das Alfred Einstein als "göttlich und kindlich" bezeichnete. 

10Die Zauberflöte 

Meine letzte Wahl hat einen sehr persönlichen Bezug. Als ich zum ersten Mal in die Welt der Oper eingetaucht bin, waren es die Arien der Königin der Nacht aus der Zauberflöte, die mich aufhorchen ließen, vor allem das stimmliche Feuerwerk, das für die Koloraturen in „Der Hölle Rache” erforderlich ist. Wie kann die menschliche Stimme das nur schaffen?! Das erstaunt mich immer wieder. 


Ins Deutsche übertragen von Elisabeth Schwarz.